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AushangAdventsstube 2024 800

 

 

Ein Erlebnisbericht von Barbara Beekmann

Bereits im Frühjahr stand mein Plan fest. Im September startet wieder eine Busfahrt. Dieses Mal nach Mühlhausen. Ich werde dabei sein. Eingeladen dazu hatte der Heimat- und Kulturverein Mölkau e.V., dessen Mitglied ich inzwischen bin.

Die Zeit vom Frühjahr bis zum September war schnell vergangen und ich bereitete mich seelisch und moralisch auf diesen Tag vor.

Was war zu bedenken: Zeitig aufstehen, nichts vergessen, günstige Straßenbahn finden und den Bus am Hauptbahnhof nicht verpassen, denn der fährt im Halbstundentakt, noch dazu am Sonnabend.
Draußen stand die Finsternis noch vor dem Fenster, als der Wecker klingelte.
Da die Wetter-App durchwachsenes Wetter meldete, waren Regenjacke und Schirm wichtig. Ganz wichtig: Maske, Geld und Fahrkarte. Noch eine schnelle Kontrolle. Alles da.
Viertel sieben ging ich aus dem Haus. 7:15 Uhr sollte es in Mölkau losgehen. Also Zeitpuffer einplanen.
Als ich nach 15 min Geduldsprobe in die Straßenbahn stieg, erntete ich missbilligende Blicke, was mich zunächst wunderte. Ach Gott ja, die Maske lag noch zu Hause auf dem Tisch. Zum Glück hatte ich einen Schal dabei.
Am Hauptbahnhof gab es Verwirrung (bei mir). Wo fährt der Bus ab? Die Zeit lief mir davon und ehe ich noch länger rumsuchte, ging ich kurzentschlossen zum Taxistand.
Diese Fahrt durch die Stadt nach Mölkau entschädigte mich für die morgendliche Aufregung. Ein tadellos gekleideter junger Taxifahrer (Student) aus Tadschikistan philosophierte mit mir über die alten griechischen Philosophen. Was für ein Tagesauftakt.

Am Gemeindeamt in Mölkau war ich nicht die Erste. Alle waren guter Laune und als der Bus, gefahren von einer jungen Frau ankam, ging es auch schnell mit dem Einstieg.
Wie immer hatte Jens Vater die Ausfahrt akribisch vorbereitet. Jeder fand auf seinem Platz ein herzliches Willkommen, das Programm der Fahrt, eine Liste mit Essenvorschlägen zum eintragen und Informationen zur Stadt Mühlhausen.
Das Wetter war launisch an diesem Tag. Sonne und Wolken wechselten sich mit kurzen Regenschauern ab. Doch es hatte auch seinen Reiz. Über weite abgeerntete Felder reichte der Blick weit übers Land und zeichnete schon am Horizont den kommenden Regen oder die Sonne ab.
Nach der ersten kurzweiligen Etappe, gab es das wie immer sorgsam vorbereitete Frühstück. Ich sage nur: „Daumen hoch.“

Und weiter ging es, der Stadt Thomas Müntzers, Mühlhausen, entgegen. Zwei junge Stadtführerinnen begrüßten uns herzlich und nachdem wir Reisenden auf unseren „körperlichen Zustand“ (sprich langsam oder schnell) geprüft und der entsprechenden Gruppe zugeteilt worden waren, ging es los. Vor die Stadtmauer, hinter die Stadtmauer zur Marienkirche. Auf dem Weg dahin erfuhren wir, dass die Stadt Mühlhausen Kreisstadt ist und die zehngrößte Stadt Thüringens, gelegen an der Unstrut. Wir hörten, dass Mühlhausen Reichsstadt war, genau wie Nordhausen, die nach Erfurt die zweitmächtigsten Städte in Deutschland waren.
Große Persönlichkeiten, die ich aus der Geschichte kenne, wirkten in Mühlhausen. Die bekanntesten sind Johann Sebastian Bach und Thomas Müntzer. Was ich nicht wusste und was mich sehr überrascht hat war, dass der Konstrukteur der Brooklyn Bridge in New York City, Johann August Röbling, aus Mühlhausen stammte. Das war für mich besonders deshalb interessant, weil ich bei den Recherchen zu meinem Buch „Was willst Du in Amerika?“ diesen Namen und den Bau der Brücke gefunden hatte, aber nichts über seine Herkunft. Erkenntnisgewinn auf einer kleinen Reise.
Das sollte nicht der einzige bleiben.
14 Kirchen hat Mühlhausen. Fast unvorstellbar bei rund 36 000 Einwohnern. Die größte Kirche und die imposanteste ist die Marienkirche. Bei ihrer Größe wirkten die wunderschönen Fachwerkhäuser mit ihren historischen Türen, als verneigten sie sich ehrfurchtsvoll vor ihr. In dieser Kirche befindet sich heute das Thomas Müntzer Museum. Hineingegangen sind wir nicht. (Zeitgründe).
Und dann begann tatsächlich der Regen, der uns sehr schnell ins Gasthaus „Brauhaus zum Löwen“ jagte.
Es ist ein Brauhaus mit Tradition. Man hätte es besichtigen und die verschiedenen Biere probieren können. Dazu war die Zeit zu eng bemessen und außerdem erwartete uns ja eine Verkostung mit stärkerem Potenzial in Nordhausen. (Man soll’s ja nicht übertreiben).
Das Brauhaus überraschte dann auch mit kulinarischen Feinheiten. Ich wählte Thüringer Bratwurst mit Sauerkraut und Bratkartoffeln. (Für mich ein Heimspiel). Dazu Schwarzbier. Ein sehr gutes Essen. Zur Erinnerung an den Besuch in der Stadt bekam jeder ein Glas Mühlhäuser Pflaumenmus.
Dann war noch Zeit, die Beine zu vertreten, auf eigene Faust die Stadt zu erkunden und sich beeindrucken zu lassen von den schmucken Fachwerkhäusern und den schmalen Straßen.
Nach dem Kaffee ging die Fahrt weiter nach Nordhausen zum Schnaps verkosten.

Bei der Einfahrt in die Stadt musste ich ganz schnell Zettel und Stift herauskramen und die Straßennamen aufschreiben, durch die wir fuhren.
Das tat ich für meinen Mann, der seine Kindheit in Nordhausen verlebte und die Bombardierungen 1945 durch die Royal Air Force überlebte. Drei Viertel der Stadt waren zerstört worden und mehr als 80 000 Menschen ums Leben gekommen.
Die ehemalige freie Reichsstadt an der Zorge birgt unter Nennenswertem den Roland, die Harzer Schmalspurbahn zum Brocken und den Nordhäuser Doppelkorn.
Die Branntweinherstellung hat eine lange Tradition und wird erstmalig 1507 erwähnt.
Uns empfing ein Nordhäuser Urgestein, der uns mit seinem Dialekt und seiner humorigen Art zur Besichtigung des Hauses einlud. Er erzählte, dass die Schnapsbrennerei vor der Nordhäuser „Kau-Tabak Grimm & Triepel“ der bedeutendste Wirtschaftszweig Nordhausens war. Und sehr begehrt. Das hatte zur Folge, dass 1775 der Rat ein Auswanderungsverbot für Brenner erließ, damit die Brennerei gesichert war.
Und dann wurde verkostet. 6 Schnäpse immer begleitet von einem deftigen Trinkspruch.
Mir schmeckte am besten der Rhabarberlikör. Den kaufte ich auch. Ein Tröpfchen ist noch übrig.

Gut gelaunt ging danach die Fahrt zurück nach Mölkau. Es war schon wieder dunkel, als wir ankamen.
Jens Vater ein Dankeschön, dass er drei (ältere) Damen nach Hause fuhr.

So endete ein erlebnisreicher Tag.

   
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